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BARBARA VÖGEL

 

 

 

1959 in Mellau (Bregenzerwald) geboren

Als Kind in den 60er-Jahren großes Interesse an Asien und allem Asiatischen. Menschen, Gegenstände, Filme, Erzählungen.
Obsession für Schriftzeichen.

Außerdem: Film, lesen, Menschen beobachten, fremde Länder, Exotik, sammeln, Kriminalistik, Spannung Bilder und Schauspieler/innen aus Zeitschriften schneiden

9 Schuljahre

Kaufmännische Lehre, Abschluß

1977 ein halbes Jahr Paris

Danach eine Sommer-Saison bei Bauern im Bregenzerwald

Im Herbst 1978 nach Wien

Verschiedene Arbeiten in der Stadt, u.a.Lebkuchenbäckerin, Köchin, Vienna Folk Festival, 2 Jahre Buffetfrau und bei Wolfgang Ambros´ 1. Watzmann-Tournee durch Deutschland als „Bäuerin“ auf der Bühne
Anfang 80er-Jahre eineinhalb Jahre bei Michael Schottenberg´s „Theater im Kopf“ als Produktionsassistentin und Beleuchterin

Weiterhin großes Interesse an Asien, Reisen, Film, Bildern, Indianern Nordamerikas und Inuitvölkern, beobachten, Stadt-streunen, Reisen, lesen, Ausstellungen, sammeln

Mitte 80er-Jahre mehrere Asien-Reisen und erste Filmerfahrungen in der Werbung

2 Jahre bei Tale-Film

Anschließend 10 Jahre freiberufliche Produktionsassistentin bei verschiedenen Spielfilmen und Perfektionierung meines „dritten Auges“ Casting
Ab 1996 als Casting-Director für Dor-Film
8 Jahre lang erfolgreich tätig
Filme - Schlafes Bruder, Hinterholz8, Comedian Harmonists, Silentium, Die Siebtelbauern, Komm, süsser Tod, Brüder I und II u.v.a.
Ab 2003 keine fremden Gesichter mehr in meinem Kopf möglich

Neuaufnahme meiner Spurensuche und Beginn der großen Reise

Als Marktfahrerin mit Verwandten quer durch Deutschland mit Speck & Käse unterwegs – sehr glückliche Zeit

Im Herbst 2003 brechen die eigenen Bilder heraus und in kürzester Zeit entstehen über hundert Collagen aus lauter Dingen, die ich irgendwo gefunden und seit längerem gesammelt habe

2. großer Flohmarkt (nach 2002) – Verkauf meiner Sachen und Sammlungen

Im Frühjahr 2004 letztes Casting für Dor-Film

 

 

barbara vögel

 

 

Ständige Visionen von EIS

Mit Flohmarkt- und geborgtem Geld Ende Frühjahr 2004 Aufbruch nach Grönland
Der Plan: dreimonatiger Arbeitsaufenthalt
Als Zimmermädchen in einem Hotel arbeiten, schreiben und vom Boden aufheben, was mich findet – vor allem aber, weit hinaus ins EIS
Am 31.Mai 2004 betrete ich bei starkem Regen in Kulusuk Grönländischen Boden
Und entgegen der Abmachung keiner da, der mich abholt
Allein im Eis

Heftige Monate in Grönland - Himmel&Hölle
Weit draußen in der Arktis erste Begegnungen mit Seehunden, Walen und - riesigen Eisbergen
Herzklopfen. Respekt. Überwältigung. Berührung. Zärtliche Zuneigung, ewiges Staunen. Gigantische Wunder.
Am 7.Juli in einer Art Zeitlupe DER FALL ins eisige Wasser, in voller Grönland-Montur, als ich allein zwischen zwei Booten mit einem Sack Seehundfellen hin- und herspringe
Langes Titanic-feeling im Wasser zwischen den Eisbergen
Rettung durch Arktisjäger Gideon

barbara vögel

 

Anfang September von Grönland nach Wien und wieder als Marktfahrerin an bizarren Orten in Deutschland unterwegs
Industriegebiete, Autobahnkreuzungen, riesige Shoppingcenter im Nirgendwo, Tankstellen und Märkte in der Abenddämmerung anstatt EIS

Zurück in Wien, kontinuierliche, wochenlange Arbeit an den Collagen, ohne viel Unterbrechung
Großes Echo, als ich die Arbeiten herzeige
Im März 2005 Verkauf der ersten Collage, es folgen weitere, auch ins Ausland

Im Mai 2005 Tod meines Bruders Wolfgang Langer Aufenthalt bei den Eltern in Mellau

Abtauchen. Auftauchen. Wie die Grönland-Wale

Am 5.und 6.November 2005 Ausstellung der Collagen im „Kulturraum Bregenzerwald“

3. großer Flohmarkt im Herbst, weitere glückliche Veräußerung meines Besitzes

Längere Pause notwendig - nur wenige Collagen

9.-12.November 2006 große Ausstellung "waiting" in Wien, Siebensterngalerie Ruth Maier

10.-20.April 2008 Ausstellung "short pornos" in Wien, Mican Film

 

barbara vögel
Foto: Alessandra Appel-Palma

 

WIE ICH ARBEITE

Die Collagen entstehen aus Dingen, Papierschnitzel, Plastik-, Holz- Metallteilchen, die ich auf der Straße finde. Nein, die mich finden. Relevante Gegenstände, verkleinerte Entsprechungen meiner Welten, voll Leben und Energie. Bringe sie auf dem Papier in vertraute und nicht vertraute Zusammenhänge, Vergangenheit und Zukunft.

Alle Sachen bleiben in jedem Fall und IMMER unverändert, im Originalzustand. Daraus ergibt sich große Spannung (und Anspannung) - beginnt sich langsam ein Bild zu entwickeln, wie eine Fotografie. Nichts wird verändert, verbogen, manipuliert, zerschnitten oder durchstochen. Alle Teilchen sind auf den Bildern in ihrem Ursprung zu sehen. Auch Blüten und Blätter aus den Dschungeln von Freunden, die so in die Bilder einfließen.
Beschrifte die Bilder immer linkshändig, obwohl ich rasende Rechtshänderin bin, oft in Englisch.
Absichtslos.

Finde und sammle überall. Wien, Mellau und dazwischen. Straßen, Alpen, Dorf, Stadt, Wald, Berg und im Eis.
Die Sachen sammeln, aufheben, verarbeiten ist Kontaktaufnahme mit der Welt. Und wie ich sie erlebe. Mein Leben lang bis an die Schmerzgrenze visuell. Hundert Augen gleichzeitig (zu bewältigen). Überforderung, Lust, aber auch Obsession. Die Arbeiten bändigen Einsamkeit, Eingeschlossen- und Verlorensein in Straßen, Verglühen in zu heißen Sonnen, sinnloses Schreien in Wäldern, sublimieren, verdichten die herrlichsten Momente, Obsessionen und Ekstasen, führen das Unerträgliche ad absurdum, machen die Welt durch ihre stille, weggeworfene aber für mich sichtbare Existenz zu einem herrlich-sinnlich-surreal-erleb- aber vor allem - spannenden Ort.
Trotz allem.
Bleibe SO im Dialog, an der Stelle von Wortlosigkeit. Die Fundstücke halten meine Eingeschlossenheit in Grenzen, bevor sie unerträglich wird. Weisen einer Spurenleserin den Weg, helfen mir, zu FINDEN, aber auch, zu ENTKOMMEN. Leitsysteme. Führen mich. Bedeutungsträger, ZEICHEN, Totems und Wegweiser an den Ausfallstraßen und unter freiem Himmel. Originalstücke, Momentaufnahmen einer persönlichen Chronik – und von jemand Anderem - autobiographische Geflechte – Orte, Träume, BILDER, Geheimnisse, Reisen, Lust, Sex und Tod.

An keinem Tag weiß ich, WAS mich findet und welche Geschichte dabei herauskommen wird.

Vor 2004. EIS. Immer wieder EIS. Überall sprangen mir „EISBERGE“ entgegen.
Uralter Traum. Grönland. Hob sie auf, klebte und träumte. Plötzlich wirklich im EIS. Im Halbdunkel eine Eisbergkathedrale vor mir. Ein Eisberggigant wie aus meinen Träumen. Irgendwann - ein alter, roter Küchenstuhl auf einem kleinen Boot. Später auf einem meiner Bilder. Weil ich einige Zeit nach Grönland auf einer Wiener Straße etwas Rotes finde, das aussieht, wie ein roter Küchenstuhl...

Bilder in Phasen. Manchmal brauche ich Ruhe vor ihnen und räume alles weg.
Wenn längere Zeit pausiert, am Ende hunderte von Fundstücken wieder vor mir auf dem Tisch. Müssen uns aneinander erinnern, neuen Dialog aufnehmen jedes Teilchen durch meine Finger... und plötzlich wieder diese Verbindung, zwischen dem seltsamen Haufen Zeug und mir. Kommen die Geschichten, fließt die Erinnerung. Erinnerung hinein auch in die Zukunft, neue Ausfallstraßen, Wegweiser, Leitsysteme und Löcher durch dicke Mauern werden für mich sichtbar.
Escape!

Gut für mich.
Ja, so ist es gut.
Ich bin süchtig nach der STILLE in den BILDERN.

Barbara Vögel